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Pamela Anderson & Selbstbestimmung

29. Oktober 2025

Wie gerne würde ich behaupten, mein Feminismus sei inzwischen so reflektiert, dass mir keine offensichtlichen Fehltritte mehr passieren. Pustekuchen. 2022 erschien eine Serie, die ich nicht nur mit Begeisterung geschaut, sondern sogar beworben habe. Was ich damals nicht getan habe: zu fragen, ob die Frau, um die es in dieser Serie geht, überhaupt damit einverstanden war. War sie nicht.


Das hat Pamela Anderson ein Jahr später in ihren Memoiren Love, Pamela deutlich gemacht. Sie erzählt, wie verletzt sie war, dass andere ohne ihr Zutun ihre Geschichte neu inszenierten. Ich schämte mich beim Lesen. Vor allen Dingen, weil ich das Buch erst dieses Jahr gelesen habe, nachdem ich mich dank The Last Showgirl vollkommen in eine Zerbrechlichkeit verliebt habe, die ich mir selbst selten erlaube.


Trauma und Schutzschild

Ich schluckte mehrfach beim Lesen. Schluckte, als ich erfuhr, was sie schon als Kind erleben musste, lange bevor sie Kanada als junge Erwachsene verließ. In ihren Erinnerungen erzählt sie von Vergewaltigungen und Scham, von einem Gefühl ständiger Unsicherheit, das sie früh lehrte, sich selbst zu schützen, indem sie anderen etwas zeigte, das unverwundbar wirkte.


Später, während ihrer Karriere, habe ich selbst zugesehen, wie dieses Schutzschild zur Projektionsfläche wurde: ein roter Badeanzug, ein perfektes Lächeln, ein Körper, über den die Welt zu verfügen glaubte. In meiner Erinnerung war sie genau das. Nicht viel mehr als eine wunderschöne Frau mit einem absurd schlechten Männergeschmack. Obwohl, war da nicht was mit Tierschutz? Doch in Erinnerung bleiben ihre Rollen als Sexbombe, so nannte man das in den 90ern. Wie nebenher erzählt sie von Tim Allen, der seinen Bademantel am ersten Drehtag vor ihr öffnete, mit den Worten: „Ich habe dich nackt gesehen, jetzt sind wir quitt.“ Er fand sich wahrscheinlich sehr witzig in dem Moment.


Seien wir ehrlich: Ich hatte Pamela Anderson verurteilt. Ich hatte sie in ein Klischee gepresst, das bequemer war als Mitgefühl. Ich hielt sie für die Verkörperung eines Männertraums. Niemals für eine Dichterin, gar für eine Überlebende. Ich schämte mich. War ich nicht immer diejenige, die predigte, wir sollten Menschen nicht auf das reduzieren, was andere aus ihnen gemacht haben?


Selbstbestimmung statt Opferrolle

Gerade bei Pamela Anderson ist dieses „Gemachtwerden“ zentral. Ihr Bild, genauso ihr Körper und ihre Geschichte, wurden von anderen kontrolliert. Ihre Grenzen wurden missachtet, ihre Intimität gestohlen, und während Männer daran verdienten, blieb sie zurück mit dem Spott und der Scham. Ich habe damals geglaubt, sie sei „da reingerutscht“. Dass sie selbst Schuld trage. Und damit war ich nicht besser als all die Late-Night-Hosts der 90er, die über sie lachten.


Doch Pamela Anderson weigert sich, in der Opferrolle zu verharren. Sie sagt, sie wolle nicht „trotz“ ihrer Vergangenheit ernst genommen werden, sondern mit ihr. Sie spricht von Vergebung, und zwar nicht, weil die Welt sie verdient hätte, sondern weil sie frei sein will. Sie möchte nicht länger kontrolliert werden, nicht länger versteckt leben.


Der Preis weiblicher Sichtbarkeit

Pamela ist iconic, das erkannte Brigitte Bardot, die sie als Tochter bezeichnete. Das wusste auch Vivienne Westwood, die sie als Freundin feierte. Wir haben Pamela Anderson jahrzehntelang zu einem Symbol aufgeladen mit Begehren, Spott und Projektionen. Doch das eigentliche Problem liegt tiefer: Es geht um den Preis weiblicher Sichtbarkeit, um die Frage, wem eine Frau gehört, wenn ihr Bild einmal in Umlauf ist. Diese Fragen sind heute so aktuell wie damals. In Zeiten, in denen intime Bilder noch immer ohne Einwilligung geteilt, Körper öffentlich bewertet und Geschichten fremdbestimmt werden. Pamela Anderson steht damit nicht nur für eine Generation, die von der Boulevardmaschine verschlungen wurde, sondern auch für die Möglichkeit, sich ihr zu entziehen.


Und ich versuche, das zu lernen: ihr zuzuhören, statt über sie zu sprechen. Nicht mehr die fremden Bilder zu sehen, die andere von ihr geschaffen haben. Sondern die Worte, die sie selbst für sich gefunden hat.


Text von Elina Penner

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