Offizieller Gender Pay Gap
25. März 2025

oder: wie rechne ich die blamable Entgeltlücke in Deutschland klein
Gastbeitrag von Prof. Dr. Heide Pfarr
Jedes Jahr veröffentlicht das Statistische Bundesamt zum Equal Pay Day Daten für die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern in der Bundesrepublik, die im Vergleich mit anderen europäischen Staaten peinlich hoch ist. Flugs allerdings verliert der bedrohliche Umfang des damit belegten Missstands seinen bedrohlichen Umfang, indem der Pay Gap fein sortiert wird in „bereinigt“ und „unbereinigt“. Bereinigt blieben 2024 und unverändert 2025 nur 6 %, die Frauen bei gleicher Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie pro Stunde weniger verdienten. Diese Bereinigung wird so begründet: Frauen gingen in Teilzeit, und in Minijobs mit geringeren Verdiensten oder setzten aus, machten seltener Karriere und wählten Berufe und Branchen, in denen schlechter bezahlt werde.
Jedoch: Das geltende Recht verbietet die Ungleichbehandlung von Teilzeitarbeit; geringere Stundenlöhne bei Teilzeitarbeit sind also ein klarer Gesetzesverstoß. Frauen wird der größte Teil der Sorgearbeit überbürdet. Das beeinflusst ihre Berufswahl und – entwicklung. Personalentscheidungen sind weiterhin durch gender bias geprägt. Die Unternehmenskulturen garantieren nicht Arbeitsbedingungen, die allen Geschlechtern Chancen zur Selbstverwirklichung geben. Benachteiligung bereinigt. Und schließlich: Frauen arbeiten nicht in Branchen und Berufen, in denen schlechter bezahlt wird, sondern in diesen wird schlechter bezahlt, weil Frauen dort arbeiten.
Es bleibt rätselhaft, wieso gleichermaßen verbreitet wie unbefragt Diskriminierungsstrukturen dazu verwendet werden können, die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern klein zu rechnen. Das Statistische Bundesamt nennt schließlich die verbliebenen 6 % als unerklärt. Dabei ist die Erklärung so schwierig nicht: es handelt sich um eine Verdienstlücke bei Personen, bei denen alles gleich ist bis auf das Geschlecht: man nennt es unmittelbare Entgeltdiskriminierung.
In Wahrheit ist der gender Pay Gap aber viel größer als die 16 % in 2025. Denn das Statistische Bundesamt bezieht nicht ein die generelle Minderbewertung weiblicher Arbeit, die darin zum Ausdruck kommt, dass Anforderungen und Belastungen in überwiegend von Frauen ausgeübten Berufen entweder nicht wahrgenommen oder jedenfalls nicht im gleichen Maße entgolten wird wie in männlich konnotierten Beschäftigungen.
