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FRAUEN100 X ENTSCHIEDEN. Gegen Krebs.



Beinahe jeder Mensch infiziert sich einmal in seinem Leben mit Humanen Papillomviren (HPV), die verschiedene Krebsarten auslösen können – aber nicht müssen. Denn seit 2007 gibt es eine zuverlässige Impfung, die vor 90 Prozent der Hochrisiko-HPV-Typen schützt. Doch noch zu wenige Menschen nehmen diese Möglichkeit der Prävention wahr, wodurch die Impfquote nach wie vor gering ist. Und das hat einen einfachen Grund: mangelnde Aufklärung. Dadurch sterben jeden Tag alleine in Deutschland vier Frauen an Gebärmutterhalskrebs und drei Männer an einer durch HPV ausgelösten Krebserkrankung. Eine Tatsache, die FRAUEN100 und die Initiative ENTSCHIEDEN. Gegen Krebs. nicht länger hinnehmen wollen. Zusammen wollen sie informieren und die Scham um das Thema abbauen, um die Wissenslücke zu schließen.


Am 09. März fand deshalb im “Clärchens Ballhaus” in Berlin das FRAUEN100 X ENTSCHIEDEN. Gegen Krebs. Dinner statt. Eine Premiere bei FRAUEN100, denn das erste Mal stand das Thema Frauengesundheit im Mittelpunkt einer Veranstaltung. Geladen waren deshalb neben prominenten Unterstützerinnen, wie den Schauspielerinnen Ursula Karven und Natalia Wörner, Model Franziska Knuppe, den Fernsehmoderatorinnen Katja Burkhard und Ariana Baborie auch Frauengesundheits-Influencerinnen, wie Hebamme Sissi Rasche oder Brustkrebsaktivistin Carolin Kotke sowie Ärztinnen, wie die Krebsforscherin Prof. Dr. Angelika Eggert und die Münchner Kinderärztin Nicola Klün.


Durch den Abend hat NTV-Wirtschaftsredakteurin, Moderatorin und Host des Business Punk Podcasts “How-to-Hack” Janna Linke geführt. Als HPV-Betroffene war die Veranstaltung auch für sie von besonderer Bedeutung: ”Wie wichtig die HPV-Impfung ist, habe ich am eigenen Leib erfahren, denn mit Mitte zwanzig hatte ich die ersten auffälligen Befunde. Vier Jahre lang wurde ich beobachtet, bis ich schließlich das Ergebnis Pap IIID2 hatte, was auf eine leichte bis mittlere Zellveränderung hinweist. Doch ich hatte Glück, die Impfung hat mich vor den HPV-Hochrisiko-Typen geschützt und mich so vor Schlimmerem bewahrt,” bekennt sie gleich zu Beginn der Veranstaltung. Sie habe lange überlegt, ob sie diese privaten Informationen teilen sollte, doch genau diese Überlegung habe sie schlussendlich darin bestärkt offen über ihre HPV-Geschichte zu sprechen. Kein Schweigen mehr, keine Scham, sondern ein offener Umgang mit einem Thema, das beinahe jeden Menschen betrifft. Ein offener Umgang, der Leben retten kann, das war der Leitgedanke des Abends.


Impuls: geschlechtersensible Medizin und Krebsprävention


Einen tieferen Einblick in die Herausforderungen der Krebsprävention gab zudem Dr. med. Viyan Sido in einem Impulsvortrag. Dr. Sido ist Herzchirurgin und Gendermedizinerin und arbeitet an der Immanuel Hochschulambulanz Bernau, wo sie die erste geschlechterspezifische Herzsprechstunde eingeführt hat. Sie setzte das Thema HPV in den Kontext des Gender Health Gaps, der die medizinische Versorgungslücke zwischen den Geschlechtern beschreibt und zeigte damit auf, wie Geschlechterdiskriminierung auch in der Medizin greift:” Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur in ihrer Biologie und Anatomie, sondern auch in ihren Lebensumständen sowie Lebensgewohnheiten. Frauen sind besonders oft von schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen betroffen, die sie daran hindern, sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Das alles muss in der modernen Medizin berücksichtigt werden.” Dr. Sido plädiert deshalb auch in der Krebsforschung für eine stärkere geschlechtsspezifische Diagnostik und Therapie: ”Wir müssen die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigen, denn nur gemeinsam können wir eine Welt schaffen, in der Krebs kein Todesurteil mehr ist und Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrem sozialen Status eine Chance auf Heilung haben.”



“Vorsorge ist eine Chance. Eine große, große, riesengroße Chance”:

Panel-Teilnehmer*innen geben ganz persönliche Einblicke


“Mich macht das Thema schon seit Jahren wütend”, so bezieht Social-Media-Expertin und Gesicht der Kampagne von ENTSCHIEDEN. Gegen Krebs. Vreni Frost zu Beginn des Paneltalks Position. Seit sie damals ihren ersten auffälligen Pap-Abstrich erhalten hat, nutzt sie ihre Reichweite, um ein Bewusstsein für HPV zu schaffen. Denn, obwohl sie in einer Ärzt*innen-Familie aufwachsen sei, sei sie von dem Befund völlig überrumpelt worden. Auf der Suche nach Antworten zu ihren Fragen ging sie deshalb ins Internet. Doch die Informationslage war mehr als dünn. Schließlich wandte sich Frost an Freund*innen: “Je mehr ich darüber sprach, desto mehr Leute gaben mir die Resonanz, dass sie ganz ähnliche Erfahrungen gemacht haben.” Deshalb fing sie an ihre Follower*innen mit auf ihre Journey zu nehmen, sprach offen über ihre Operation und auch die Impfung, die sie im Nachhinein erhalten hat: “85-90 Prozent der Menschen infizieren sich mit HPV. Das ist quasi wie ein Schnupfen: Jeder kriegt den mal, nur in diesem Fall spricht keiner darüber.” Aus dieser Erfahrung heraus gründete sie mit ihrer Freundin, der Modedesignerin Miyabi Kawai den Frauengesundheits-Podcast “Hirn und Hupen” und ermahnt während des Talks, auch bei einem positiven Befund Ruhe zu bewahren, denn die Heilungschancen bei einer Früherkennung seien hoch:” Man muss keine Angst haben, wenn man einen auffälligen Abstrich hat. Trotzdem haben viele Menschen Angst und genau deshalb brauchen wir mehr Aufklärung, damit wir nicht panisch ins Internet gehen, so wie ich damals.”


Auch Speakerin Susan Sideropoulos versucht mit ihrer Arbeit Menschen die Angst vor Vorsorgeuntersuchungen zu nehmen:” Man sollte mit einem positiven Mindset zur Vorsorge gehen. Selbst wenn nicht alles in Ordnung ist, dann wurde es vermutlich frühzeitig erkannt. Das ist eine Chance. Eine große, große, riesengroße Chance, die man sonst vermutlich nicht bekommen hätte, denn gerade bei Gebärmutterhalskrebs gibt es oftmals keine Symptome.” Die Schauspielerin und Moderatorin arbeitet seit einigen Jahren mit der Organisation “Yes We Cancer” zusammen und macht sich für Aufklärung und Vorsorge stark. Sie selbst hat ihre Mutter im Alter von 16 Jahren an Brustkrebs verloren. Sideropoulos, die mittlerweile selbst Mutter eines 11- und 12-jährigen Sohnes ist, gibt im Laufe des Panels zu bedenken, dass sie zwar um die Wichtigkeit der HPV-Impfung für Mädchen wusste, sie jedoch nie darüber aufgeklärt wurde, dass auch Jungs geimpft werden sollten und spricht von einem “blinden Fleck” in der Gesundheitsversorgung.


HPV-Impfung: Nicht nur für Mädchen wichtig, sondern auch für Jungs


Wie es zu diesem blinden Fleck kommt, weiß Panell-Teilnehmer Roman Malessa. Er ist im Management der Oooh Foundation, die mit ihrer Brand FAQ YOU Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 Jahren bis Mitte zwanzig aufklärt, indem Mitarbeitende nahbar häufig gestellten Fragen rund um die Themen Liebe und Sex beantworten. Auf TikTok haben sie so das Vertrauen von über 500 Tausend Follower*innen gewonnen und das ist wichtig, denn die schulische Aufklärung in Deutschland würde Malessa nach keinerlei Einheitlichkeit aufweisen: “Es gibt Bundesländer, die hierzu eine halbe Seite im Lehrplan haben, es gibt Bundesländer die haben 10 Seiten in ihrem Lehrplan. Zudem ist das Thema sexuelle Aufklärung den meisten Lehrer*innen unangenehm und ebenso den Schüler*innen. Deshalb ist Schule ein ganz wichtiger Punkt. Wir sollten ganz offen über Aufklärung sprechen und sie in einem neutralen Rahmen adressieren.”


Beim Thema HPV sehe er ein konkretes Problem, denn ab einem gewissen Punkt, würden junge Männer aufhören, mit ihren Eltern zum Arzt/zur Ärztin zu gehen. Im Gegensatz zu Mädchen, die früh zum Gynäkologen /zur Gynäkologin gehen würden, würde man Jungs verlieren. Und das mit Folgen erklärt Prof. Dr. Mandy Mangler. Sie ist Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin, Trägerin des Deutschen Frauenpreises, zudem Host des Podcasts “Gyncast” und Expertin für feministische Gynäkologie: ”Die HPV-Impfung galt lange Zeit als Mädchen-Impfung. Bis vor fünf Jahren. Da hat die STIKO empfohlen, auch Jungs impfen zu lassen. Weil man gesehen hat, dass wir keine Herdenimmunität erreichen und die ist wichtig, damit sich HPV nicht weiter verbreitet. Deshalb müssen wir nicht nur Mädchen impfen, sondern eben auch die Jungs, die es hauptsächlich übertragen, aber beispielsweise auch Peniskrebs und andere Krebsarten bekommen können.” 2020 lag die Impfquote bei Mädchen gerade mal bei 51 Prozent und bei Jungs bei 17 Prozent.


Aufforderung zum Handeln: Jede*r kann etwas tun


Abschließend bat Moderatorin Janna Linke die Panel-Teilnehmer*innen noch zu formulieren, was sie sich von den Gästinnen des Abends wünschen würden. Einig waren sich alle, dass man sich selbst und seine Angehörigen impfen lassen müsse, hätte man das noch nicht getan. Außerdem müsse man die Scham bekämpfen und anfangen, offen über das Thema HPV zu sprechen. Susan Sideropoulos wandte sich dabei konkret an ihre prominenten Kolleginnen: “Wir haben ein Privileg. Wir haben eine Stimme. Menschen hören uns zu. Jeder von uns hat auf seine Wiese die Möglichkeit, relevante Themen zu vermitteln.” Vreni Frost ergänze abschließend die Runde um einen weiteren wichtigen Punkt: “Wir müssen uns vor allem für die einsetzen, die diese Stimme nicht haben. Viele Frauen, vor allem übergewichtige Frauen, Frauen mit Behinderung, Schwarze Frauen, POC Frauen, gehen nicht gerne zum Arzt, weil sie dort diskriminiert und geshamt werden. Wir brauchen einen ehrlichen Support nicht nur unter Privilegierten, sondern für alle.” Special Guest der Veranstaltung war nach dem Talk zudem die Influencerin Greta Engelfried, die von ihrer persönlichen HPV-Journey erzählte. Die 23-Jährige kämpft seit einiger Zeit mit stark erhöhten Pap-Werten, musste sich bereits mehreren Eingriffen unterziehen und nutzt seither ihre Reichweite, um über HPV, die Risiken und Präventionsmaßnahmen aufzuklären. Im Anschluss wurde sich weiter ausgetauscht. Denn wie sich bereits während der Fragerunde des Talks herausstellte, hatte bereits ein Großteil der anwesenden Frauen Berührungspunkte mit dem Thema HPV, sodass das Dinner nicht nur zu einem wichtigen, sondern gleichermaßen emotionalen Abend wurde.


von Sarah Thiele


Schaue hier den HPV-Paneltalk:



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